LIEBE PATIENT*INNEN, LIEBE ANGEHÖRIGE!
Seit Anfang 2020 hält eine Infektion mit dem SARS-CoV-2 Virus die Welt fest im Griff und hat zu einer Pandemie mit rasant steigenden Infektions- und Todesfällen geführt.
Die Behandlungsmöglichkeiten der Erkrankung sind nach wie vor sehr begrenzt. Der effektivste Weg, die Ausbreitung der Infektionen einzuschränken, besteht darin, dass über 70% der Bevölkerung Antikörper gegen die Erkrankung entwickeln. Impfungen gegen das Virus sind die sicherste Möglichkeit, eine Immunität (Herdenimmunität) aufzubauen.
In Deutschland sind bereits mRNA- und Vektorimpfstoffe von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zugelassen. Es befinden sich außerdem weitere Impfstoffe in der klinischen Testung. Ziel jeder Impfung ist der Aufbau einer spezifischen Immunität (Antikörper) gegen den Krankheitserreger. In klinischen Studien hat sich gezeigt, dass diese Antikörper vor einer Infektion mit Sars-CoV-2 schützen.
Mit einer Broschüre möchten wir Fragen beantworten, die speziell für Menschen mit Blutgerinnungsstörungen relevant sind. Bei Unsicherheiten wenden Sie sich bitte an Ihr Hämophilie-Zentrum oder Ihre*n behandelnde*n Arzt/Ärztin.
Menschen mit Blutungsstörungen haben kein erhöhtes Risiko, sich mit dem Sars-CoV-2 Virus zu infizieren oder eine schwere Form von Covid-19 zu entwickeln. Sie werden daher nicht als vorrangige Gruppe für eine Impfung angesehen. Die allgemeinen Auswahlkriterien gelten daher auch für Menschen mit einer Hämophilie. Vorrangig werden Menschen mit einem erhöhten Risikoprofil geimpft, dies sind z.B. hohes Alter, schlechter Gesundheitszustand oder Berufe mit erhöhtem Infektionsrisiko.
Bitte nutzen Sie die Möglichkeit einer Impfung! Mit einer Impfung schützt man nicht nur sich selbst, sondern verhindert mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Verbreitung des Virus. Das ist vor allem für gefährdete Personen (Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen) von besonderer Bedeutung und eine Bekundung der Solidarität.
Derzeit gibt es keinen Grund, eine bestimmte Art von Impfstoff für Patienten mit Blutungsstörungen zu bevorzugen.
Der Impfstoff muss intramuskulär verabreicht werden. Nach der Injektion sollte mindestens 10 Minuten Druck auf die Stelle ausgeübt werden, um Blutungen und Schwellungen zu reduzieren. Zusätzlich wird eine Selbstinspektion / Betastung des Injektionsbereiches nach einigen Minuten und erneut nach 2-4 Stunden empfohlen. Damit soll sichergestellt werden, dass kein Hämatom vorliegt.
Ein gewisses Spannungsgefühl ist als normal zu betrachten. Alle unerwünschten Ereignisse (z. B. Hämatom, allergische Reaktion) sollten einem Hämophilie-Behandlungszentrum gemeldet werden. Bitte wenden Sie sich sofort an ihren Arzt oder an die nächste Notaufnahme des Krankenhauses, wenn sie allergisch reagieren (Fieber, Wärme, Rötung, juckender Hautausschlag, Atemnot oder Schwellung des Gesichts oder der Zunge), da diese Reaktionen lebensbedrohlich sein können.
Bei Patienten mit schwerer / mittelschwerer Hämophilie oder Typ-3-von-Willebrand-Krankheit (VWD) sollte die Impfung erst nach einer FVIII- oder FIX-Injektion bzw. nach einer von Willebrand-Faktor-haltigen Injektion erfolgen. Bei Patienten mit einem FVIII- oder FIX-Wert über 10% sind keine hämostatischen Vorsichtsmaßnahmen erforderlich. In ähnlicher Weise können Patienten unter Hemlibra® / Emicizumab (mit oder ohne Inhibitor) jederzeit ohne hämostatische Vorsichtsmaßnahmen und ohne eine zusätzliche Dosis FVIII durch eine intramuskuläre Injektion geimpft werden. Alle Patienten mit seltenen Blutungsstörungen (einschließlich Patienten mit Thrombozytopenie) sollten geimpft werden. Patienten mit VWD Typ 1 oder 2 sollten in Absprache mit ihrem Hämophilie-Behandlungszentrum eine Therapie mit DDAVP oder mit Tranexamsäure durchführen.
Bei Patienten mit einer Hämophilie oder einer anderen Blutungsstörung, die in der Vorgeschichte eine allergische oder anaphylaktische Reaktion auf Blutprodukte wie Faktorkonzentrate, Plasma und Kryopräzipitat hatten, besteht kein erhöhtes Risiko einer Reaktion auf einen Covid-19 Impfstoff. Gab es aber in der Vergangenheit Reaktionen nach der Gabe von Impfstoffen, so ist dies unbedingt dem Impfarzt mitzuteilen.
Eine Immuntoleranz Therapie, eine Behandlung von Hepatitis C und HIV und andere Erkrankungen, sind keine Hinderungsgründe für eine Impfung.
Bei bekannten allergischen / anaphylaktoiden Reaktionen in der Vorgeschichte ist der Impfarzt zu informieren und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen durchzuführen. Andere mögliche Kontraindikationen sollten individuell mit dem Arzt besprochen werden, z.B. bei Schwangeren oder stillenden Frauen.
Die Impfung ist bei Patienten mit Immunsuppressiva (Cortison, andere Immunsuppressiva) nicht kontraindiziert.
Bei Patienten in einer klinischen Studie sollte die Impfung den Prüfärzten der Studie gemeldet werden.
Hinweis:
Alle Angaben sind als Basisinformation zum aktuellen Sachstand zu verstehen. Es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit. Der Inhalt dieser Informationen beruht auf Empfehlungen der World Federation of Hemophilia (WFH). Die ausführliche Stellungnahme der WFH ist unter folgendem Link zu finden:
COVID-19 vaccination guidance for people with bleeding disorders – Hemophilia World News (wfh.org)
Weitere Informationen zum Thema erhalten Sie auch unter:
Vorlaeufige_Konsensempfehlungen_GTH.pdf (gth-online.org)
Die Broschüre „Häufig gestellte Fragen zur Covid-19-Impfung“ kann hier heruntergeladen werden.