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Geschichte

Geschichte

Im 19. Jahrhundert gab es keine Möglichkeiten, die Hämophilie zu behandeln. Die durchschnittliche Lebenserwartung der Patienten lag bei 16 Jahren.

Da sich die Krankheit über Queen Viktoria von England (1819-1901) und ihre Nachkommen in den europäischen Adelshäusern verbreitete, wurde die Hämophilie auch als „Königliche Krankheit“ bekannt.

Die Erforschung der Hämophilie

Die erste moderne Beschreibung der Hämophilie stammt aus dem Jahr 1803 aus den USA. Das Wort Hämophilie verwendete erstmals der deutsche Mediziner Hopff in Würzburg 1828 im Titel seiner Dissertation: „Über die Hämophilie oder die erbliche Anlage zu tödlichen Blutungen“.

Mit der Entdeckung der Blutgruppen 1910 und der Gerinnungshemmung durch Citrate wurden die Voraussetzungen für eine gezielte Hämophilie-Therapie geschaffen. Erstmals konnten Bluttransfusionen zum Ersatz der fehlenden Gerinnungsfaktoren durchgeführt werden.

1930 wurde mittels biochemischer Analyse der Blutfaktor VIII beschrieben. Damit war der für die Hämophilie A-Therapie wichtigste Bestandteil charakterisiert.

In den fünfziger Jahren entwickelte der amerikanisch Mediziner Cohn die Plasmafraktionierung. Bei akuten Blutungen bekamen die Patienten über mehrere Stunden Infusionen. Eine blutungsvorbeugende Behandlung (Prophylaxe) war jedoch noch nicht möglich.

Prophylaxe

Die prophylaktische Gabe von Faktorenkonzentraten wurde erstmals um 1955 von der Ärztin Inga Marie Nilsson in Schweden beschrieben. Die Prophylaxe-Therapie wird heutzutage besonders bei Kindern und Jugendlichen angewandt, um den erhöhten Blutungsrisiken in der Wachstumsphase zu begegnen.

Nahezu revolutioniert wurde die Hämophilie-Therapie 1963 durch eine Entdeckung der amerikanischen Medizinerin Judith Graham Pool. Sie konnte das Faktor VIII-Eiweiß (als Kryopräzipitat) aus gefrorenem menschlichen Plasma gewinnen. Bei vorsichtigem Auftauen des Plasmas blieb ein Eiweißgemisch zurück, das überwiegend Faktor VIII enthielt.

Diese Entdeckung führte 1966 zum ersten Faktor-VIII-Medikament. Es konnte auch vorbeugend eingesetzt werden.

Fortschritte in der Sicherheit

Seit den 80er Jahren wurden verschiedene Reinigungs- und Virusinaktivierungsverfahren entwickelt, um die Faktor-VIII-Präparate sicherer zu machen. Damit reagierte die Forschung auf die Masseninfektionen zu Beginn der 80er Jahre, während der sich weltweit zehntausende Hämophilie-Patienten durch Faktorenkonzentrate mit HIV infizierten.

Daneben galt lange Zeit die Infektion mit dem Hepatitis C-Virus als unvermeidliches Übel bei der Medikation mit Faktorenkonzentraten. Aber auch hier konnte durch den medizinischen Fortschritt inzwischen eine wesentliche Verbesserung der Sicherheit erreicht werden.

Weitere Fortschritte durch die Biotechnologie

Ab 1993 werden rekombinante-Faktor-VIII-Konzentrate in der Hämophilie-Therapie eingesetzt. Sie werden durch biotechnologische Verfahren aus einem virusfreien Substrat gewonnen. In der ersten Generation dieser Produkte wurde zur Stabilisierung menschliches Eiweiß zugesetzt. Deshalb bargen diese ersten rekombinanten Faktorenkonzentrate noch ein geringes Restrisiko einer Übertragung von Infektionen. Seit 2003 können rekombinante Faktorenkonzentrate jedoch auch ohne Zusatz menschlicher und tierischer Eiweiße hergestellt werden.

Perspektiven für die Zukunft

Derzeit werden alternative Methoden erforscht, die fehlenden Gerinnungsfaktoren zu ersetzen: Anstelle der intravenösen Behandlung mit Gerinnungsfaktorkonzentraten könnten in Zukunft patientenfreundlichere Arten der Verabreichung zur Verfügung stehen. Daneben werden auch Formen der Gentherapie entwickelt. Allerdings wird es noch lange dauern, bis diese Neuerungen am Menschen erprobt und im medizinischen Alltag eingesetzt werden können.